Theodor Storm – Die Herrgottskinder

Theodor Storm – Die Herrgottskinder

Die Herrgottskinder

Von oben sieht der Herr darein;
Ihr dürft indes der Ruhe pflegen:
Er gibt der Arbeit das Gedeihn
Und träuft herab den Himmelssegen.
Und wenn dann in Blüte die Saaten stehn,
So läßt er die Lüftlein darüber gehn,
Auf daß sich die Halme zusammenbeugen
Und frisch aus der Blüte das Korn erzeugen,
Und hält am Himmel hoch die Sonne,
Daß alles reife in ihrer Wonne.
Da stünd es den Bauern wohl prächtig an,
Das alles in ihre Scheuern zu laden!
Gott Vater hat auch seinen Teil daran;
Den will er vergaben nach seinen Gnaden.
Da ruft er die jüngsten Kinder sein;
Die nährt er selbst aus seiner Hand,
Die Rehlein, die Häslein, die Würmlein klein
Und alles Getier in Luft und Land;
Das flattert herbei und kreucht und springt,
Ist fröhlich all zu Gottes Ehr
Und all genügsam, was er bringt.
Des freut sich der Herrgott mächtig sehr,
Er breitet weit die Arme aus
Und spricht in Liebe überaus:
»All, was da lebet, soll sich freun,
Seid alle von den Kindern mein;
Und will euch drum doch nicht vergessen,
Daß ihr nichts könnt als springen und fressen,
Hat jedes seinen eignen Ton!
Ihr sollt euch tummeln frisch im Grünen;
Doch mündig ist der Mensch, mein Sohn;
Drum mag er selbst sein Brot verdienen!«

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